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Olivenöl-Wiki

Wissenswertes rund ums Thema Olivenöl

Was ist das beste Olivenöl der Welt? Sollte man Olivenöl zum Braten verwenden? Kaltgepresst, extra vergine, nativ?

Das folgende Olivenöl-Wiki verschafft dir einen Überblick über die wichtigsten Fragen rund ums Thema Olivenöl. Du kannst dein Wissen danach sogar in einem Quiz testen oder direkt zu den FAQs springen.

Viele verschiedene Faktoren bestimmen die Qualität von Olivenölen. Als roter Faden begleitet uns im Wiki: Was macht eigentlich gutes Olivenöl aus? Wir nehmen dich an die Hand und wir führen dich durch diesen faszinierenden Irrgarten.

1 Über Olivenöle

Pro Jahr werden in Deutschland über 6 Mio Suchanfragen bei Google zum Thema Olivenöl getätigt. Viele davon kreisen um die Frage, was denn nun das beste Olivenöl sei. Ähnlich wie bei Wein lässt sich diese natürlich nicht mit einer eindeutigen Antwort oder gar universellen Empfehlung für ein bestimmtes Olivenöl abhandeln. Aber es gibt neben subjektiven auch objektive Kriterien, welche sehr gute Olivenöle auszeichnen. Damit du diese besser verstehst, haben wir für dich das folgende Öl-Wiki zusammengestellt.

Da wir Olivenöle von verschiedenen Herstellern und Ländern führen und nicht unser eigenes Olivenöl verkaufen, kannst du von einer gewissen Unvoreingenommenheit ausgehen. Wir selbst haben lange nach guten Olivenölen gesucht, denn in deutschen Supermärkten sind diese kaum zu bekommen. Was Olivenöle angeht, ist Deutschland noch ein Entwicklungsland. Werden in Italien, Spanien oder Griechenland pro Kopf im Jahr 10-15 Liter Olivenöl konsumiert, sind es in Deutschland gerade einmal knapp 1 LIter, und das obwohl Olivenöle – vor allem in Kombination mit einer mediterranen Ernährungsweise – nicht nur lecker, sondern auch gesund sind.

Unsere Mission ist es, dir dabei zu helfen, die besten Olivenöle zu finden. Die Olivenöle in unserem Shop sind bereits für dich vorselektiert. Das bedeutet, dass wir nur hochwertige Olivenöle anbieten, die wir selbst kennen und die in der Regel von renommierten Fachjournalen und mit bedeutenden Gourmet-Awards ausgezeichnet wurden. So erhöhst du deine Chancen, ein Olivenöl der Spitzenqualität zu bekommen, denn leider gibt es von gesetzlicher Seite aus nur ungenügend Klassifizierungskriterien und dürftige Richtlinien dafür. Längst nicht alle „native Olivenöle extra“ sind tatsächlich hochwertige Olivenöle oder haben sogar die Bezeichnung „natives Olivenöl extra“ verdient, denn so gehört Olivenöl zu den meist gefälschten Lebensmitteln in Europa, und zwar weit vor Safran, Kurkuma oder Vanille-Extrakt. Welches Olivenöl dir letzten Endes schmeckt, musst du natürlich selbst für dich herausfinden.

Mit dem Kauf hochwertiger Olivenöle hilfst du außerdem dabei, dass Hersteller von ausgezeichneten Olivenölen für ihre Handwerkskunst angemessen bezahlt und biologisch vielfältige Landschaften geschützt werden. Oft fehlt es kleinen und traditionellen Familienbetrieben leider an digitaler Vertriebskompetenz und die Marketingbudgets und Macht globaler Konzerne und ihren skalierten Produktionsweisen schwemmen minderwertige Produkte mit schön gestalteten Etiketten auf den Massenmarkt, ganz zu schweigen von systematischem Lebensmittelbetrug der sogenannten Öl-Mafia. Wir wollen dir die Türen für eine neue Geschmackswelt öffnen und gemeinsam fördern, dass auch in Zukunft noch hochwertige Olivenöle produziert werden können. Du kannst mit deiner Entscheidung dazu beitragen! Die Welt zu retten war noch nie so lecker ;-)

1.1 Geschmack & Reifestufen von Oliven

Olivenbäume blühen in der Regel zwischen Mai und Juni und ihre Blütenknospen sind zunächst grün und werden dann weißlich. Aus 100 Blüten entwickelt sich ungefähr 1 Olive, die je nach Sorte bis zu 4 cm lang ist und einen Durchmesser von maximal 2 cm besitzt. Der Kern der Olive ist der Samen, welcher von Fruchtfleisch umgeben ist. Während im September alle Oliven noch grün sind, reifen sie später im Oktober und November je nach Sorte über rötlich violette Töne ins Schwarze:

Die ersten Ernten beginnen je nach Wetterlage, Region und Olivensorte bereits Anfang Oktober, wo noch die besonders gehaltvollen grünen Oliven geerntet werden. Aus diesen grünen Oliven werden die hochwertigsten Öle produziert. Spätere Ernten vollreifer schwarzer Oliven ergeben eher mildere Öle für den Massenmarkt und werden noch weit bis in den Winter hinein vollzogen. Zudem wird ein Großteil der schwarzen Oliven aus dem Supermarkt mittels künstlicher Stoffe (Eisengluconat, E579) noch dunkler gefärbt.

Was hat dies jetzt genau mit dem Geschmack eines Olivenöls zu tun oder gar dessen Qualität?

Hochwertiges Olivenöl besitzt nach breitem Konsens 3 positive und wesentliche Geschmacksattribute: fruchtig, scharf und bitter. Sie spannen den dreidimensionalen Raum geschmacklicher Tiefe auf, zeugen von der Frische der Pressung und einem hohen Gehalt an gesundheitsfördernden Inhaltsstoffen. Eine grüne Fruchtigkeit, die an Blätter, Gräser, Artischocken und Äpfel erinnert, sowie vor allem Bitterkeit und Schärfe sind Merkmale, die bei frischen grünen Oliven zu finden sind und eben nicht bei den schon vollreifen schwarzen oder bereits vom Baum gefallenen und beschädigten Oliven. Grüne und unverletzte Oliven, die noch am Baum hängen, enthalten Öl in perfekter Qualität mit einem hohen Anteil an Polyphenolen. Polyphenole sind sekundäre Pflanzenstoffe, die antioxidativ, entzündungshemmend und blutdruckregulierend wirken sowie das Immunsystem beeinflussen und das Risiko für Herzinfarkte senken. Polyphenole schmecker bitter, kratzig und scharf.

Spitzenöle enthalten bis zu 1500 mg pro Kilo dieser gesundheitsfördernder Substanzen. Sie schützen unseren Körper vor freien Radikalen und das Olivenöl selbst vor dessen Oxidation, damit es nicht vorzeitig ranzig wird. In raffinierten Olivenölen hingegen finden sich kaum noch Polyphenole (50 mg/kg).

Warum werden dann nicht einfach alle Olivenöle aus grünen Oliven gewonnen?

Das Öl grüner Oliven ist sehr arbeits- und kostenintensiv herzustellen, da aus grünen Oliven – im Vergleich zu überreifen schwarzen – 3-mal weniger Olivenöl bei der Pressung gewonnen werden kann. Um nur einen Liter natives Olivenöl extra zu produzieren, müssen 5-10 kg grüne Oliven verarbeitet werden. Ein kompletter Olivenbaum hat einen jährlichen Ernteertrag von maximal 20-30 kg. In toskanischen Hügelgebieten oft sogar nur 7 kg, was damit einer Ausbeute von nur einem Liter Olivenöl pro Baum im Jahr entspricht. Hinzu kommt: Ein Erntehelfer wird mit ungefähr 50 Cent pro Kilogramm vergütet und er schafft maximal 100 kg Erntemenge pro Tag. Zwar ist die Produktion kostspielig, das Ergebnis kulinarisch wie gesundheitlich jedoch sehr kostbar und somit in doppelter Hinsicht wertvoll.

Oder etwas poetischer ausgedrückt:
Wenn es hinten im Hals scharf kratzt nach dem Verkosten eines wirklich guten Öles, gepaart mit dem feinen Geruch nach frischen Gräsern und Artischocken, dann lacht das Herz des wahrhaften Olivenöl-Gourmets. Er weiß nun, dass ein Meisterwerk der Natur und Agrarkunst vor ihm hellgrün glänzt, das sein Essen würdig veredelt und seinen Körper wohltuend beschenkt.

1.2 Die 8 Güteklassen von Olivenölen

Die Europäische Union teilt Olivenöle in 8 Qualitätskategorien ein.

  1. Natives Olivenöl extra
  2. Natives Olivenöl
  3. Lampantöl
  4. Raffiniertes Olivenöl
  5. Olivenöl (bestehend aus raffinierten und nativen Olivenölen)
  6. Rohes Oliventresteröl
  7. Raffiniertes Oliventresteröl
  8. Oliventresteröl

Die Krux an der Sache ist die:
Hersteller raffinieren Lampantöle (Kategorie 3) und so werden minderwertige Öle chemisch reingewaschen. Um diese geruchlosen raffinierten Öl (Kategorie 4) mit etwas Geschmack zu versehen, werden sie mit geringen Mengen an nativen Olivenölen (Kategorie 1 und 2) vermischt und fälschlicherweise wieder als native Olivenöle extra auf den Markt gebracht.

Stichproben und Schätzungen von Olivenöl Experten gehen davon aus, dass bis zu 95 % aller Olivenöle, die als „native Olivenöle extra“ bezeichnet und auf den europäischen Markt kommen, nicht den gesetzmäßigen Verordnungen folgen. So konnte bspw. die investigative Zusammenarbeit von Andreas März (Chefredakteur der Zeitschrift Merum) mit dem ZDF im Jahr 2004 aufzeigen, dass von 31 Stichproben aus dem deutschen Handel lediglich 1 Öl korrekterweise als „natives Olivenöl extra“ kategorisiert wurde. Einen weiteren Datenpunkt findet man in Italien. So konstatierte 2007 der italienische Landwirtschaftsminister, dass von 787 kontrollierten Ölproduzenten 205 der Panscherei überführt wurden.

Vergleicht man die Menge an tatsächlich produziertem „nativen Olivenöl extra“ mit dem im Handel angebotenen Volumen an falsch deklariertem „nativen Olivenöl extra“, ergibt sich deshalb die in folgender Grafik eranschaulichte Schieflage:

(Quelle: März, Andreas | Dossier Olivenöl. Das Standardwerk über Olivenöl. 5. aktualisierte Auflage | Merum | 2015.)


Stell dir vor, du kaufst dir ein Rinderfilet, dieses besteht jedoch aus Hack- oder Pressfleisch, das ein Rinderfilet imitiert. Du kannst andere Rinderfilets beim Einkauf nicht mehr von Imitaten unterscheiden, weil alle angebotenen Fleischprodukte als Filets gekennzeichnet sind. Selbst der Preis ist kein verlässlicher Indikator.

Oder anders formuliert: dein 100 % frisch gepresster Orangensaft besteht nur aus 5 % frisch gepresstem Orangensaft, ist mit Wasser vermengt, etwas chemisch aufgebessert und wird im Regal für 100 % frisch gepressten Orangensaft verkauft. Sowohl geschmacklich als auch gesundheitlich musst du aber mit diesem gestreckten Gemisch Vorlieb nehmen.

Genau das passiert mit nativen Olivenölen extra und ist gängige Praxis.

Das Problem ist dabei weniger, dass es grundsätzlich Hackfleisch gibt oder minderwertige Olivenöle, aber als Verbraucher möchte man die Entscheidung selbst fällen, was man konsumiert und für welche Produkte und Hersteller man bereit ist, Geld auszugeben. Bei Fleisch oder Orangensaft ist dies möglich, bei Olivenöl nicht. Wer gerne minderwertiges und billiges Olivenöl konsumieren möchte, kann dies gerne tun. Fair wäre es, wenn es diese Transparenz gäbe oder man für minderwertige Öle nicht auch noch einen hohen Preis bezahlen müsste.

Mittelfristig führt dies dazu, dass gar keine hochwertigen Olivenöle extra auf dem Markt angeboten werden, da die Gewinnspannen für Panschprodukte, die als native Olivenöl extra angeboten werden, wesentlich höher ausfallen, ja es sogar für Hersteller von echten nativen Olivenölen unmöglich macht, ihre Öle für die nun etablierten Marktpreise zu verkaufen.

Damit ein Olivenbauer kein Verlustgeschäft macht, muss er einen Liter natives Olivenöl extra für mindestens 16 € verkaufen. Dabei ist die Logistik und Vertrieb für Handelspartner noch nicht eingerechnet. Native Olivenöle extra, die im Supermarkt pro Flasche für 2.99 € zu haben sind, sind mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit minderwertige raffinierte Mischöle.

Um dies alles noch besser zu verstehen, sind im Folgenden sowohl die chemischen als auch sensorischen und regulatorischen Grundlagen für dich genau aufgeschlüsselt.

Von den oben erwähnten 8 Kategorien, zählen die Kategorie 1-3 laut EU Verordnung zu den nativen Olivenölen: Natives Olivenöl extra, natives Olivenöl und Lampantöl.

Native Olivenöle (Kategorie 1-3) sind Öle, welche durch ausschließlich mechanische (oder anderweitig physikalische) Verfahren hergestellt werden und abgesehen von Waschen, Dekantieren, Zentrifugieren und Filtrieren keine zusätzlichen Behandlungen erfahren.

Die ersten beiden Kategorien werden ausschließlich durch Pressung oder Zentrifugation und ohne übermäßige Temperatureinwirkung (max. 27 °C) hergestellt.

Lampantöl (Kategorie 3) ist zwar ein natives Olivenöl, darf aber nicht an den Verbraucher abgegeben werden, da u.a. der Gehalt an freien Fettsäuren überschritten wird. Es muss daher raffiniert, also einem Raffinationsprozess mit höheren Temperaturen unterzogen werden, woraus raffiniertes Olivenöl (Kategorie 4) entsteht.

Kategorie 5 (Olivenöl) besteht dann aus einer Mischung aus raffinierten Olivenölen (Kategorie 4) und nativen Olivenölen (der Kategorie 1 und 2). Durch die Beimischung bekommt das Olivenöl den typischen Olivenölgeschmack zurück, welcher bei den raffinierten Olivenölen (Kategorie 4) verlorengeht. Das Endprodukt darf jedoch nicht als „natives Olivenöl extra“ klassifiziert werden, sondern nur als „Olivenöl“ (Kategorie 5). Es wurde raffiniert, erhitzt, mit Lösungsmitteln bearbeitet und mit nativen Ölen verschnitten.

Rohes Oliventresteröl (Kategorie 6) besteht aus Rückständen wie Kernen, Fruchtfleisch und Schalen, woraus mit Lösungsmittel das Öl extrahiert wird. Dies ist nicht zum Verzehr geeignet, sondern wird durch Raffinationprozesse zu raffiniertem Oliventresteröl (Kategorie 7) umgewandelt. Weil dieses Öl nicht mehr nach Olivenöl schmeckt, wird es auch mit nativen Olivenölen (der Kategorie 1 oder 2) zum Oliventresteröl (Kategorie 8) gemischt.

Die Kategorien 1-3 (native Olivenöle) unterscheiden sich u.a. anhand der folgenden Qualitäts- und Reinheitskriterien:

  1. Säuregehalt
  2. Peroxidzahl
  3. Fettsäureethylester
  4. Wachsgehalt
  5. sensorische Fehler

(I) Der Säuregehalt beziffert den Gehalt an freien Fettsäuren. Beschädigte Oliven (bspw. durch Schimmel, die Olivenfliege oder rabiate Erntemethoden) haben einen hohen Gehalt an freien Fettsäuren, die sich durch enzymatische Prozesse abspalten. Freie Fettsäuren beeinträchtigen den Geschmack negativ, können aber durch Raffination entfernt werden. Bei nativen Olivenölen extra (Kategorie 1) sollte der Gehalt an freien Fettsäuren laut EU Verordnung höchstens 0.8 % (0.8 g je 100 g) beziffern und bei nativen Olivenölen (Kategorie 2) 2 %.

(II) Die Peroxidzahl indiziert die Verdorbenheit von Fetten und entsteht durch Oxidation, einer Verfallsreaktion von Sauerstoff. Sie wird grundsätzlich von den Lagerbedingungen (Licht, Alter, Wärme, Sauerstoffkontakt) beeinflusst, aber auch durch schlechte Ernte- und Herstellungsverfahren. Die Folgeprodukte der Hydroperoxide führen zu einem ranzigen Geschmack.
Native Olivenöle dürfen laut aktueller EU Verordnung bis zu 20,0 meq aktiven Sauerstoff pro Kilogramm enthalten.

(III) Fettsäureethylester entstehen in der Olive durch die Veresterung von freien Fettsäuren mit kurzkettigen Alkohohlen (Ethanol). Vor allem schlechte Produktionsbedingungen während der Ölextraktion begünstigen die Produktion dieser Verbindungen. Je mehr sich die Olive zersetzt und gärt, desto mehr von den Fettsäureethylester werden gebildet. Der aktuelle Höchstwert laut EU-Verordnung für native Olivenöle extra liegt bei 35 mg/kg.

(IV) Wachse bilden eine Schutzschicht auf der Schale der Olive, die beim Pressen in das Olivenöl übergehen, vor allem bei chemischer Extraktion. Der Wachsgehalt indiziert damit, ob native Olivenöle mit Oliventresteröl gepanscht wurden. Der Wachsgehalt sollte bei nativen Olivenölen sowie nativen Olivenölen extra (Kategorie 1 und 2) 150 mg/kg nicht überschreiten.

(V) Sensorische Fehler spielen ebenso eine Rolle bei der Kategorisierung der Olivenölen wie chemische Zusammensetzungen. Die sensorische Prüfung wird von Panels mit 8-12 Prüfern durchgeführt, wobei 15 ml Olivenöl in dunkelblauen Prüfgläsern präsentiert und auf 28 °C erwärmt werden. Die Farbe des Olivenöls fließt nicht mit in die Bewertung ein und es werden die drei positiven Attribute fruchtig, scharf und bitter bewertet. Negative Merkmale wie bspw. stichig-schlammig, modrig-erdig-feucht, lakig oder ranzig werden als sensorische Fehler gewertet.

Auf Grundlage der eben erwähnten chemischen und sensorischen Analysen werden die Olivenöle in die oben bereits erwähnten 8 Güteklassen eingeteilt:

„Extra Virgin“ (englisch) oder „Extra Vergine“ (italienisch) stellen übrigens die fremdsprachigen Entsprechungen des deutschen „natives Olivenöl extra“ (Kategorie 1) dar.

Für den Konsumenten zugelassen und im Einzelhandel erhältlich sind prinzipiell 4 Kategorien, und zwar:

  1. Natives Olivenöl Extra (Kategorie 1)
  2. Natives Olivenöl (Kategorie 2)
  3. Olivenöl (Kategorie 5)
  4. Oliventresteröl (Kategorie 8)

Die Kategorie 5 und 8 sind deshalb zugelassen, da sie raffiniert und dann mit Kategorie 1 und 2 vermischt werden, dürfen dann aber nicht mehr den Titel „natives Olivenöl“ tragen, sondern eben nur noch „Olivenöl“ oder „Oliventresteröl“. Ein bestimmtes Mischungsverhältnis ist nicht vorgeschrieben und so kann ein Olivenöl (Kategorie 5) aus 1 % nativem Olivenöl und 99 % raffiniertem Olivenöl bestehen.

In unseren Supermärkten finden sich laut Hersteller scheinbar hauptsächlich Olivenöle der Kategorie 1 und 2.

Warum kann man im Supermarkt dann also nicht getrost ins Olivenölregal greifen?

Das hat gleich mehrere Gründe:

Zum einen, weil der Säuregehalt-Richtwert für native Olivenöle extra in der EU Verordnung mit 0.8 % recht lasch angesetzt ist. Sehr gute Olivenöle haben wesentlich geringere Werte, welche teilweise sogar unter 0.2 % liegen. Somit werden Olivenöle in die oberste Kategorie gepackt, die Spitzenwerte wie 0.2 % aber auch die vierfache Menge (0.8 %) an freien Fettsäuren aufweisen.

Ähnlich verhält es sich mit der Peroxidzahl, wo die EU Verordnung einen Maximalwert von 20 (meq aktiven Sauerstoff pro Kilogramm) vorschreibt. Direkt nach der Ernte liegt dieser Wert jedoch bei 5, im weiteren Verlauf steigt er bei sehr guten Ölen auf maximal 10.

Ein weiteren kritischen Blick werfen wir auf die Fettsäureethylester. Hochwertige und frische Öle enthalten nach der Pressung maximal 15 mg, die EU Verordnung hingegeben setzt den Maximalwert bei 35 mg/kg a n.

Die zu groben Klassifizierungskriterien ermöglichen es somit nicht, wirkliche Spitzenöle von durschnittlichen Olivenölen abzugrenzen. Stell dir vor, an der Tankstelle wird nur noch Super Plus Benzin verkauft, weil alle Benzine bereits ab 95 Oktan als Premium Benzine gelten und eben nicht erst ab 98 Oktan, wie es heute Standard ist.

Zudem können bei der Raffination von Lampantölen die freien Fettsäuren und die Peroxidzahl verringert werden, d.h. minderwertige Öle physikalisch und chemisch reingewaschen. Über die Fettsäureethylester könnte man noch am ehesten vermischte und raffinierte Lampantöle identifizieren, da jedoch der Grenzwert – wie oben erwähnt – recht hoch angesetzt ist, ist auch dies nur sehr grob möglich.

Andere mögliche und chemische feststellbare Mindestwerte wie bspw. der Minimalgehalt an Antioxidantien werden in der EU Verordnung gar nicht erst abgedeckt. So fängt bspw. der Polyphenol-Gehalt für gute Olivenölen ab 500 mg/kg an, absolute hochwertige Öle liegen bei 1500 mg/kg. Raffinierte Öle besitzen kaum noch Polyphenole (ungefähr 50 mg/kg).

Ein weiterer Grund ist die fehlende Reproduzierbarkeit der Panel-Entscheidung. Es kommt häufig zu Abweichungen zwischen den Panels, allein auf Grund der Tatsache, dass Menschen mit verschiedenen Geschmacksvorlieben und Kompetenzen ausgestattet sind. Es gibt zu wenig vorgeschriebene chemische Verfahren, welche die Güte hinreichend und objektiv festmachen. Zusätzliche elektronische Verfahren (Massenspektronomie oder Gaschromatographie) haben es bisher auch noch nicht ins Screening geschafft, obwohl diese technisch bereits umsetzbar wären.

Der einleuchtendste Grund ist schlichtweg der Etikettenschwindel und Betrug. In Europa werden bei Weitem nicht alle native Olivenöle extra untersucht, die in den Handel kommen, sondern betrügerische Hersteller etikettieren ihre Öle nach eigenem Ermessen. Die EU Kontrollinstanzen müssen dann aktiv nachweisen, dass es sich eben nicht um das vom Hersteller entsprechend angepriesenes Produkt handelt.

Und falls doch getestet wird: die chemische Tests sind so lasch, dass sie mit raffinierten Ölen bestanden werden können und für das Bestehen sensorischen Prüfungen sorgen Beimischungen mit nativen Olivenölen extra. Das Endprodukt ist chemisch rein gewaschenes Gammelöl, das geschmacklich als auch gesundheitlich wesentlich weniger hochwertig ist und fälschlicherweise als „natives Olivenöl“ etikettiert ist. Alternativ prangern Händler und Hersteller die Ergebnisse der Kontrollen so lange an und bestehen auf 2. oder 3. Tests, bis wieder ganz andere Losnummern (Produkte aus einem anderen Produktionsdurchgang) im Regal stehen und die 1. Kontrolle veraltet ist.

Nicht überall wo also natives Olivenöl extra draufsteht, ist also auch wirklich hochwertiges natives Olivenöl extra drin.

1.3 Die verschiedenen Olivensorten

Zwischen 1000-2000 Olivensorten, die sich in Größe, Farbe, Form und Geschmack unterscheiden, zählt man von Australien über den Mittelmeerraum bis nach Kalifornien. Grob unterteilt man diese in Tafel-Oliven, welche besonders zum Verzehr geeignet sind und einen eher etwas kleineren Kern haben, sowie Öl-Oliven, die sich durch einen hohen Ölgehalt auszeichnen. Es gibt außerdem Olivensorten, welche sich sowohl zum Verzehr als auch zur Herstellung von Olivenöl eignen. Die größte Vielfalt findet sich in Italien, wo es ungefähr 450 Olivensorten gibt, gefolgt von Spanien mit ca. 250 Sorten. In Griechenland zählt man ungefähr 60 Sorten. Geht es nach dem Produktionsvolumen, ist Spanien klarer Spitzenreiter mit einem Weltmarktanteil von 40 % (von insgesamt 3 Mio Tonnen Olivenöl), dahinter Italien mit 12 % sowie Griechenland und Tunesien mit jeweils 10 %. 90 % aller Oliven werden zur Ölherstellung verwendet, aber längst nicht alle Olivensorten eignen sich zur Produktion von Olivenölen. Laut IOC (International Olive Council) wird 85 % des weltweiten Olivenöls aus ungefähr 140 Olivensorten hergestellt.

Die Olivensorten unterscheiden sich in ihrer chemischen Zusammensetzung und folglich auch im Geschmack. Es gibt sowohl reinsortige (aus einer Olivensorte gewonnene) Olivenöle als auch Kompositionen verschiedener Sorten. Beide Varianten können sehr hochwertige Olivenöle darstellen. Ähnlich wie beim Wein bestimmen auch das jeweilige Anbaugebiet, die Erntemethode und Herstellungsweise über den Geschmack sowie Qualität und so kann dieselbe Olivensorte zu recht unterschiedlichen Ergebnissen im Öl führen. Bei den Kompositionen ist es wichtig, dass alle Mischteile jeweils hohe Qualitäten aufweisen und nicht minderwertige Verschnitte vermengt werden. Da die Produktionsqualitäten von Olivenölen je nach Hersteller schwanken und das durchschnittliche Öl im Supermarkt leider häufig von sensorischen Fehlaromen geprägt ist, ist es nicht einfach die Olivensorte eines Öls zu erschmecken.

Wie sind die beliebtesten Sorten aus den jeweiligen Ländern?

Die bekanntesten Olivensorten aus Spanien sind: Picual, Arbequina, Hojiblanca und Picuda. Die dabei am häufigsten angebaute Sorte ist die Picual Olive. Aus Picual Oliven wird fast 30 % der globalen Olivenölproduktion gewonnen, was auch daran liegt, dass sich jene mit 25 % durch einen recht hohen Ölgehalt auszeichnen. Trotz des massiven Anbauvolumens kann auch aus dieser Olivensorte exzellentes Olivenöl hergestellt werden. Picual wird hauptsächlich in Andalusien (Córdoba, Granada und Jaén) kultiviert und ihr Name rührt von der kleinen Spitze (pico) der nicht vollständig abgerundeten Olivenform, welche ihr eigen ist. Die Picual Olive zeichnet sich durch grünliches Öl aus, einen vollmundigen, bitteren Geschmack und einem hohen Polyphenolgehalt, was das Öl lange haltbar und resistent gegen hohe Temperaturen macht. Die Arbequina Olive rangiert auf Platz 2 und trägt 10 % der globalen Ölproduktion bei. Sie besitzt einen süßlichen und milden Geschmack mit einem eher geringeren Polyphenolgehalt und wird zudem als Tafelolive gereicht. Hauptanbaugebiet ist Katalonien und ihren Name verdankt sie dem Dorf Arbeca in der Provinz Lleida in Katalonien. Auf Platz 3, gemessen am Produktionsvolumen, findet sich die Hojiblanca Olive. Sie wird sowohl als Öl- als auch als Tafel-Olive verwendet, hat einen etwas geringeren Öl-Gehalt im Vergleich zu den Picual und Arbequina Oliven und wird hauptsächlich in Andalusien (Córdoba, Granada, Malaga und Sevilla) kultiviert. Ihr Geschmack zeichnet sich durch eine spannungsgeladene Mischung aus anfänglich süßen und dann bitter-scharfen Aromen aus und ihr Name stammt von der weißen Unterseite ihrer Blätter. Als letzten Repräsentant spanischer Olivensorten blicken wir auf die Picudo Olive, welche ebenso wie die Picual Olive ein spitzes Ende (pico) besitzt. Auch geographisch ist diese Sorte in Andalusien weit verbreitet, vor allem in den Provinzen von Córdoba, Granada, Málaga und Jaén. Ähnlich wie die Öle der Arbequina Olive sind Picudo-Öle etwas empfindlicher gegenüber Oxidation und deren Haltbarkeit geringer. Sie sind geschmacklich weniger herb und tendenziell süßer und fruchtig mit gelblich-goldenen Töne im Öl. Gerne wird sie mit anderen Olivensorten zu Kompositionen vermischt.

Die populärsten Sorten aus Italien sind: Frantoio, Leccino, Moraiolo, Nocellara und Tonda Iblea.

Die Frantoio Olive besitzt einen recht hohen Ölgehalt um die 25 %, was sie zu einer der am häufigsten angebauten Sorte in Italien macht. Ursprünglich aus der Toskana, wird sie mittlerweile aber in den verschiedensten Ländern angebaut. Ihr Geschmack ist mittel- bis intensiv fruchtig mit einer angenehmen Bitterkeit. Im Allgemeinen wird ihr Öl als eher sanft wahrgenommen, kann aber auch Öle mittlerer Schärfe erzeugen. Auch der Leccino Olive werden toskanische Wurzeln nachgesagt und ihre Anbauhistorie reicht bis weit ins Mittelalter. Sie hat einen noch etwas milderen Geschmack als die Frantoio und wird gerne als Komposition mit anderen Ölen vermischt. Sie wächst recht schnell, auch unter etwas kühleren Bedingungen. Gepaart mit ihrem Ölgehalt um die 20 % macht sie das zu einer sehr beliebten Olivensorte selbst bei norditalienischen Produzenten. Auch die Moraiolo kommt ursprünglich aus der Toskana und wird mittlerweile in ganz Mittelitalien angebaut, findet aber im Vergleich zur Frantoio aufgrund des etwas schwierigen Anbaus keine internationale Verbreitung. Bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts war sie eine sehr dominante Sorte in Italien, ihr Anbau wurde dann aber etwas zurückgefahren. Sie besitzt einen mittel-fruchtigen Geschmack mit würzigem Abgang. Nocellara Oliven hingegen stammen aus Sizilien, genauer gesagt aus dem Valle del Belice und eignen sich sowohl als Tafel- als auch als Öl-Oliven. Sie werden mittlerweile auch in Indien, Pakistan und Südafrika kultiviert. Ihre Früchte sind groß und ihr Geschmack zeichnet sich durch leicht bittere, sehr fruchtige und nussige Noten aus. Abschließend blicken wir noch auf die Tonda Iblea, welche ebenso aus Sizilien stammt, genauer gesagt aus den Bergen der Monti Iblei und deren Ausläufer. Sie zeichnen sich durch große runde (tonda) Olivenfrüchte aus, welche die Nase mit Aromen der Strauchtomate verführen und den Olivenöl-Connaisseur mit einer kräftigen Schärfe beeindrucken.

In Griechenland finden sich vor allem Oliven der Sorten Koroneiki, Kalamata, Konservolia und Makri. Die Koroneiki Oliven sind dabei die populärsten Öl-Oliven mit einem Produktionsanteil von 60 % an griechischen Ölen. Die Früchte sind eher klein, aber recht würzig. Ihr hoher Polyphenol-Anteil erzeugt einen bitteren und mittel-fruchtigen Geschmack. Kalamata Oliven hingegen sind die wohl bekanntesten Tafel-Oliven der Welt. Sie haben mit 7 % einen geringen Öl-Gehalt (7 %) und werden in der Regel nur vollreif schwarz geerntet. Sie stammen aus Messenien im Südwesten der Peloponnes. Sie haben ein sehr festes aromatisches Fruchtfleisch und werden in Marinade eingelegt und serviert. Gleiches gilt für die Konservolia, welches ein festes Fruchtfleisch besitzt und in der Regel auch als Tafel-Olive serviert wird, mittlerweile zunehmend in grünem Zustand. Apropos: Eine frisch geerntete grüne Olive ist extrem bitter und wird im Salzbad oder mit Natronlauge entbittert, um sie als Tafel-Olive genießbar zu machen. Zu guter Letzt sei noch die Makri Olive erwähnt. Sie ist kugelförmig und mittelgroß und stammt aus dem Nordosten von Griechenland. Ihr Öl schimmert gelbgrün bis goldgelb und der Geschmack ist geprägt von starker bis mittlerer Fruchtigkeit. Sie wird als ausgewogen wahrgenommen mit einer leichten Bitterkeit und Schärfe.

1.4 Herkunftsbestimmung

Wie die Olivensorte spielt auch die Herkunft des Olivenöls eine Rolle, wenn es um Geschmack und Qualität geht, denn klimatische Bedingungen, Produktionskultur der jeweiligen Region und Eigenarten verschiedener Anbauflächen wirken sich natürlich in verschiedenem Maße auf das Olivenöl aus.
Als Weinkenner ist dir vermutlich – ähnlich wie das Analogon Rebsorte & Olivensorte – der Begriff Appellation bereits über den Weg gelaufen, also die Herkunftsangabe bei Weinen. Herkunft kann dabei verschiedene Facetten aufweisen: Wo wird das Öl bzw. die Oliven produziert und abgefüllt? Bis zu welchem Grade kann die Herkunft nachvollzogen werden? Gibt es spezifische regionale Produktionstechniken?

Hochwertiges Olivenöl wird mittlerweile in vielen Ländern hergestellt: ob Griechenland oder Italien, Spanien oder Portugal spielt eher eine untergeordnete Rolle, zumindest nach rein objektiven Qualitätskriterien und sofern mit entsprechend hochwertigen Ölmühlen und Erntemethoden gearbeitet wird. Geschmacklich schließt das natürlich nicht aus, dass man Vorlieben für bestimmte Anbauregionen und damit einhergehenden Olivensorten haben kann. Was eine entscheidendere Rolle spielt, ist die Transparenz und genaue Nachvollziehbarkeit der Herkunft. Als grobe Faustregel gilt: je präziser die Herkunft zurückverfolgt werden kann, desto eher hat man es mit hochwertigen Ölen zu tun. Im Idealfall kann das Öl bis auf den Olivenhain oder die spezifische Anbauregion (ggf. geschützte Ursprungsbezeichnung wie bspw. „Valle del Belice DOP“) nachvollzogen werden. Allerdings verfügen nicht alle hochwertigen Anbaugebiete über eine DOP-Bezeichnung und die Abdeckung der verschiedenen Ursprungsbezeichnungen ist noch lückenhaft. Enthält das Olivenöl-Etikett nicht die Regions- und nur die Landes-herkunft (bspw. „aus Italien“), so kann es auch hochwertiges und sortenreines Olivenöl beschreiben, es kann sich aber um Mischungen aus verschiedenen Sorten des Landes handeln. Bei Bezeichnungen wie „Mischung von Olivenölen aus Italien und Spanien“ oder gar „Mischungen aus nativen Olivenölen extra aus der EU“ oder „Mischungen aus nativen Olivenölen extra aus der EU und Tunesien“ werden verschiedene Öle aus etlichen Herkunftsregionen und Ländern vermengt und die Qualität dieser „wilden“ Mischungen ist in der Regel gering.
Um dies aller genauer zu verstehen, führen wir dich im Folgenden in die verschiedenen Ursprungsbezeichnungen ein.

Das EU-Recht schützt landwirtschaftliche Erzeugnisse und Lebensmittel mit verschiedenen Gütesiegeln, welche eine definierte geografische Herkunft garantieren. Hersteller können dieses Gütesiegel freiwillig erwerben und so den Kunden eine gewisse Qualität garantieren. Konkret gibt es 2 relevante Siegel bzw. Herkunftsangaben. Zum einen die geschützte geografische Angabe (g.g.A.) und zum anderen die geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.). Die geschützte geografische Angabe (g.g.A.) dokumentiert eine Verbindung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel mit dem jeweiligen Herkunftsgebiet, wobei einer der Produktionsschritte (sei es die Erzeugung, Verarbeitung oder Zubereitung) im Herkunftsgebiet durchlaufen worden sein muss, aber für die Herstellung verwendete Rohmaterialien aus einer anderen Region stammen können. Ein Beispiel hierfür wären Nürnberger Lebkuchen, welche mittels g.g.A. geschützt sind, da diese in Nürnberg hergestellt werden müssen, deren Zutaten aber aus einer anderen Region stammen können. Eine noch strengere Herkunftsangabe ist die zweite Variante: die geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.). Dieses Siegel garantiert, dass sowohl die Erzeugung als auch die Verarbeitung und Zubereitung des Lebensmittels in einem bestimmten geografischen Gebiet und nach einem festgelegten Verfahren erfolgt ist sowie sämtliche Schritte in dem betreffenden Gebiet stattfinden.

Das rote Gütesiegel (g.U.) ist auf Olivenölflaschen in Deutschland besser bekannt unter „D.O.P.“. Dies ist nichts anderes als dessen italienische Übersetzung: “„ d'Origine Protetta“. Auch andere Übersetzungen bzw. Abkürzungen des Siegels sind hierzulande zu finden: wie bspw. das englische PDO (Protected Designation of Origin), das französische AOP (Appellation d'Origine Protégée) oder das spanische DOP (denominación de origen protegida), die aber alle dasselbe beziffern. Welche Produkte aus welchen Regionen geschützt sind und welches Unionszeichen tragen, kannst du ganz einfach in dem von der EU geführten Register eAmbrosia einsehen oder die EU Datenbank GIView bemühen. Oder du findest es eben direkt auf dem Olivenöl-Etikett.

Momentan gibt es ca. 150 D.O.P.-Olivenöle in Europa, wobei ca 50 davon allein aus italienischen Regionen stammen bzw. diese definieren und 35 davon spanische. Die Unterschiede zwischen einzelnen Olivensorten und Regionen zu erschmecken gestaltet sich, im Gegensatz zu Wein, noch als recht schwer, da die Herstellungsstandards bei Weitem nicht so hoch und einheitlich sind sowie diese einen starken Einfluss auf den Geschmack nehmen. Klarer Vorteil des g.U. bzw. D.O.P. Siegels ist deshalb nicht nur die geographische Herkunftsgarantie, sondern auch analytische Grenzwerte und Ansprüche, die mit der DOP Region in Verbindung stehen und welche sich in der Regel strenger als die EU Grenzwerte für „native Olivenöle extra“ (Güteklasse 1) in den jeweiligen D.O.P. Richtlinien präsentieren. So sind die Grenzwerte für freie Fettsäure, Peroxide, Polyphenol-Anteile etc. je nach D.O.P. Region genauer definiert und teilweise wesentlich strikter als die Richtlinien für „native Olivenöle extra“, denn es bestimmen nicht nur geografische (Klima, Boden) sondern eben auch produktionsbasierte Faktoren (regionaltypische Produktions-Kultur, -Tradition und -Anspruch) die Qualität und den Geschmack eines Olivenöls.

1.5 Anbau, Ernte und Produktion

Bis die ersten grünen Oliven im Oktober geerntet werden können, muss der Olivenbauer eine Menge Vorarbeit leisten, denn eine gesunde und geschmackvolle Olive und hochwertiges Olivenöl stammt von einem gesunden Olivenbaum, der mit Respekt und Liebe gehegt wurde. Allein 25 %-35 % der Produktionskosten bei hochwertigen Ölen entfallen auf die Olivenhainpflege.

Bis ein Olivenbaum seine erste Ernte abwirft, dauert es mehrere Jahre, zur vollen Ernteleistung mindestens 15. Er kann Hitze gut ertragen, Frost weniger, weshalb er sich vor allem in mediterranen Gefilden wohl fühlt. Hat der Olivenbaum die Wintermonate überstanden, wird er im Frühjahr beschnitten. Ein Olivenbaum wird so gezogen, dass er maximal 3 Meter hoch ist, damit die schonende manuelle Ernte mit Leitern noch zu bewerkstelligen ist. Ein konsequenter und fachkundiger Baumschnitt sorgt für Qualität im Olivenöl, denn verwahrloste Bäume oder gar Olivenbüsche ergeben zwar mehr Oliven, diese können aber nicht mehr manuell aus dem Gestrüpp geerntet werden bzw. es müssten die auf den Boden gefallenen überreifen Oliven zur Pressung herhalten.

Für die Qualität des Öles ist neben der Gesundheit des Baumes und dem richtigen Erntezeitpunkt die entsprechende Erntemethode entscheidend. Damit der Baum im Spätsommer nicht von der Olivenfliege befallen wird, verzichtet der umweltbewusste Olivenbauer auf die chemische Giftkeule (Insektizide) und greift zur giftfreien Pheromonfalle, welche die männlichen Fliegen mit Sexuallockstoffen von den Weibchen fernhält. Die rotbraunen Fliegen würde sonst ihre Eier ins Fruchtfleisch legen, die Made das Fruchtfleisch verspeisen, die Frucht zu Boden fallen und verwesen. Damit nicht ganze Olivenhaine zu Tode gespritzt werden, lohnt es sich daher biologisch-zertifizierte Öle zu kaufen, um anderen Nutztierchen und Insekten so ein Leben im biologischen Gleichgewicht in den Olivenhainen zu ermöglichen.

Geerntet wird ab Oktober, wenn die Oliven noch grün am Baum hängen. Der richtige Erntezeitpunkt hängt vor allem am Zuckergehalt der Oliven. Wenn der Zucker in den Oliven zu Fett umgewandelt wird und der Zuckergehalt unter 30 g pro kg sinkt, wird mit der Ernte begonnen, ebenso entscheidend ist der Phenolgehalt. Ein zu hoher Zuckergehalt setzt bei der späteren Ölherstellung enzymatische Prozesse in Gang, die zu Fehlaromen im Öl führen. In der Praxis prüft der versierte Olivenbauer deshalb anhand der leichten Verfärbung (je nach Olivensorte) vom satten ins hellere Grün oder Gelbliche, ob der korrekte Erntezeitpunkt gekommen ist, fährt kleine Testmengen an Oliven in die Ölmühle und prüft deren Geruch und Geschmack.

Ist der richtige Erntezeitpunkt dann ausgemacht, kommen je nach Olivenbauer verschiedene Erntemethoden zum Einsatz, welche letztlich auch über Preis und Qualität bestimmen, denn die schonende Ernte ist kostenintensiv. Hochwertige Öle entstehen eben nicht durch das Zusammenkehren schon zu Boden gefallener Oliven, bei welchen Zersetzungsprozesse begonnen, sich freie Fettsäuren gebildet haben und die von Schädlingen oder Schimmel befallen wurden. Qualität entsteht durch das Ernten grüner Oliven direkt vom Baum. Dies kann entwede händisch passieren oder mithilfe von Teleskop-Stangen und Kämmen. Auch sogenannte Baumrüttler sind für hochwertige Öle geeignet, wo der Stamm des Baumes umfasst und durchgerüttelt wird, und zwar so lange bis die Oliven vom Baum in engmaschige Kunststoffnetze fallen. Dem Abschlagen der Oliven vom Baum mit Stangen ist mit Skepsis zu begegnen, da den Ästen und Oliven Verletzungen und Quetschungen im Fruchtfleisch zugefügt werden, die dann wiederum anfällig für Oxidationsprozesse sind.

Weitere Faktoren für die Herstellung eines hochwertige Olivenöles ist der korrekte Transport zur Ölmühle, die dortige Verarbeitung sowie die Lagerung und Abfüllung. Der gesamte Verarbeitungsprozess macht dabei bis zu 25 % der kompletten Olivenölherstellung aus.

Die geernteten Oliven werden im Idealfall in luftdurchlässigen Plastikboxen nach der Ernte so schnell wie möglich zur Ölmühle transportiert sowie sonnengeschützt und trocken gelagert. Zu verhindert gilt ein sich schnell einsetzender Fäulnisprozess, wie er beim Aufbewahren in Plastiksäcken zustande käme.

Bei der Ölmühle angekommen, startet der Verarbeitungsprozess der Oliven. In den letzten 10-20 Jahren, angefangen um die Jahrtausendwende, gab es dank Innovationen in der modernen Ölmühlentechnologie und Entwicklungen in der chemischen Forschung einen regelrechten Quantensprung in Sachen Qualität und Aroma von Olivenölen. So schildert Michaela Bogner 2019 die Qualitätsbewegung junger Olivenölproduzenten eindrucksvoll in ihren publizierten Nachforschungen zu dieser neuen Spitzenkategorie von Olivenölen und fasst sie gar unter der neuen Gattungsbezeichnung „SuperOlio“ zusammen, angelehnt an die Supertuscan-Bewegung in den 1960er neuer toskanischer Qualitätsweine. Denn wichtig zu verstehen ist Folgendes: mit traditionellen Ölmühlen, obgleich schön anzusehen mit schweren Mühlsteinen und von historischem Wert, ist es kaum möglich, hochwertiges Olivenöl zu produzieren. Dort wird aus alten Matten unhygienisch Öl aus Olivenbrei gepresst und der lange Kontakt mit Luftsauerstoff zerstört wertvolle Inhaltsstoffe. Leider ist es für einige Olivenölproduzenten nicht möglich, in neue Ölmühlentechnologien zu investieren, weil die gepanschten Olivenöle auf dem Massenmarkt die Preise drücken, die Olivenbauern so kein Geld für Investitionen haben und der Durchschnittskonsument nicht in der Lage ist oder leider noch nie die Chance dazu hatte, wirklich hochwertiges Olivenöl zu schmecken und wertzuschätzen.

Moderne Ölmühlen arbeiten hygienisch, schnell, mit präzisen Schnitten, gewährleisten niedrige Temperaturen, ohne Luftkontakt und mit akkuraten Filtern. Zunächst werden die Oliven von Blättern und Zweigen befreit, gewogen und gewaschen; bei modernen Maschinen sogar getrocknet, um die wasserlöslichen Polyphenole zu schützen. Dann folgt das Mahlen der Oliven zu Brei. Dies geschieht bei neuen Maschinen nicht mit Druck – wie etwa bei alten Mühlen – sondern mit scharfen rotierenden Messern, um den Samen im Inneren der Frucht besser zu bewahren, keine oxidativen Prozesse auszulösen und Polyphenole zu erhalten. Im Idealfall scheiden die Messer je nach Olivensorte mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten durch die Frucht, denn dieser Schritt trägt wesentlich zur Aromabildung bei, ebenso wie die dort aktivierte Lipoxygenase, welche die ungesättigten Fettsäuren aufspaltet und wobei die typisch grünen Aromen entstehen.

Nach dem Mahlen geht's zum sogenannten Malaxieren, dem Kneten des Olivenbreis. Das Malaxieren geschieht im Idealfall ohne Sauerstoffkontakt und in gut gereinigten Maschinen. Wie lange und mit welcher Temperatur dabei malaxiert wird, hängt wieder an der Olivensorte und der Überzeugung des jeweiligen Herstellers. Manche Sorten werden bei 25 Grad verarbeitet, andere besser bei noch niedrigeren Temperaturen (unter 20 Grad); allerdings nie wärmer als 27 Grad, um gesetzlich noch als „kaltgepresst“ zu gelten. Ist das Öl länger im Malaxierer, werden mehr Polyphenole gewonnen, allerdings leidet das Aroma. Manche schwören auf unter 10 Minuten, andere auf bis zu 20 Minuten: ein komplexes Balanceakt für den perfekten Olivenölgeschmack.

Im nächsten Schritt geht's zum Zentrifugieren des Olivenbreis. In den Dekantern wird der Brei mit hohen Rotationsgeschwindigkeiten und Zentrifugalkräften in Fruchtwasser und Feststoffe (Oliventrester: Kerne, Schale, Wasser) und in das extrahierte Olivenöl getrennt.

Das extrahierte Öl wird schließlich durch Filterplatten gedrückt, um die kleinsten Fruchtteilchen und Schalenreste zu entfernen. Zwar schmeckt ungefiltertes naturtrübes Olivenöl hervorragend und intensiv, ist jedoch nicht haltbar und die darin enthaltenen Substanzen beschleunigen den Alterungsprozess und die damit einhergehende Entstehung von Fehlaromen, weshalb man dem Öl durch Filterung qualitative Stabilität verschafft.

Im letzten Schritt wird das Öl gelagert und abgefüllt, was mit bis zu 20% der Gesamtkosten zu Buch schlägt. Auch hier gilt es Sauerstoff, Licht und Wärme zu vermeiden, was am besten in leicht gekühlten (ca. 15 Grad) Edelstahltanks gelingt, welche mit Inertgas (Stickstoff) gefüllt sind, um Luftkontakt zu vermeiden. Von dort wird das Öl inklusive Inertgas dann in dunkle Glas- oder Keramikflaschen abgefüllt, wo es dann darauf wartet, zu dir nach Hause geschickt zu werden.

1.6 Die Olivenöl-Verkostung

Eine Olivenöl-Verkostung ist etwas unglaublich Faszinierendes, denn dabei werden deine Sinne aufs Höchste stimuliert: grüne Aromen von Artischocken und Wildkräutern durchziehen deine Nase, deine Zunge wird von einer aufregenden Bitterkeit umspielt und im Rachen feuert die Schärfe des Olivenöls einen letzten Abschiedsgruß, bevor es sanft Richtung Magen gleitet. Eine Verkostung eignet sich hervorragend, um einen gemeinsamen Abend mit Freunden und Familien zu bereichern. Deine Liebsten können mit dir gemeinsam diese aufregend neue Geschmackswelt entdecken, welche ihnen bisher verborgen war.

Damit dir die Olivenöl-Verkostung fachmännisch gelingt, wirst du im Folgenden in die Verkostungs-Zeremonie eingewiesen, welche innerhalb der EU Richtlinien für die sensorische Prüfung von Olivenölen präzise beschrieben wird.

Vorab ist es wichtig zu verstehen, wie der Genuss von Olivenöl überhaupt bei dir als sensorisches Gesamtkomposition von Hören, Sehen, Schmecken, Riechen und Fühlen kreiert wird und wie „Geschmack“ (in der Forschung „Flavour“ genannt) überhaupt entsteht.

Beim Genuss von Olivenöl, wie allgemein beim Entdecken der Welt, verwendest du all deine 5 Sinne. 2 davon spielen, zumindest in der offiziellen Olivenöl-Verkostung, eine untergeordnete Rolle, und zwar das Hören und Sehen. Natürlich macht das Öffnen und Schwenken der Olivenöl-Flasche ein Geräusch, das Öl gluckst und tröpfelt auf deinen Teller und es schmatzt im Mund, doch dies ist für die objektive Beurteilung des Öls irrelevant. Anders als beim Wein, wo dann die optische Prüfung auf Farbintensität, Farbton und Viskosität vollzogen wird, ist auch dies bei der qualitativen Beurteilung von Olivenöl im offiziellen Rahmen nicht Konvention. Um genau zu sein, wird bei offiziellen Prüfungspanels das Olivenöl sogar in kobaltblaue Gläser gefüllt, um die Farbe des Öles nicht in die Bewertung miteinfließen zu lassen. Trotzdem: als Privatperson kannst du dich natürlich an dem Farbspiel von hellgrünen oder goldgelben Transparenzen erfreuen und diese als Bonuspunkt notieren.

Nun aber zu den 3 für die Verkostung relevanten Sinnen. Das komplette Flavour (im täglichen Sprachgebrauch „Geschmack“ genannt) wird als Zusammenspiel von Schmecken, Riechen und Fühlen kreiert. Die Zunge, verantwortlich für die gustatorische Wahrnehmung, kann dabei lediglich 5 Grundgeschmacksarten unterscheiden: süß, sauer, salzig, bitter und umami. Mittlerweile ist wissenschaftlich widerlegt, dass es auf der Zunge bestimmte Geschmackszonen, also klar abgegrenzte Bereiche, für die jeweiligen 5 Grundgeschmacksarten gibt. Rezeptoren für die Geschmacksrichtungen kommen nämlich auf der ganzen Zunge (bis in den Rachenraum) vor, zugegebenermaßen in jeweils etwas unregelmäßiger Verteilung. Die Geschmacksrichtung sind evolutionär bedingt positiv und negativ besetzt: süß indiziert eine hohe Energiedichte, salzig erhöhte Mineraldichte. Säure und Bitterkeit geben Hinweise auf unreife, vergorene Nahrung sowie Gifte. Dass wir saure oder bittere Lebensmittel wie Kaffee überhaupt mögen, ist im Laufe des Lebens erlernt. 80 % des „Geschmacks“ wird dann mit der Nase ausgelöst, und zwar durch die retronasalen Wahrnehmung. Jeder, der schon mal einen starken Schnupfen hatte, weiß, dass Geschmack ohne den Geruch (olfaktorische Wahrnehmung) kaum vorhanden ist. Das Riechen ist eine hochemotionale Angelegenheit. So spielt bekanntermaßen der Geruch bei der Partnerwahl eine entscheidende Rolle, denn der Mensch verfügt über 300 Rezeptorgene, die für das Riechen verantwortlich sind. Diese machen 3 % des kompletten menschlichen Genoms aus. Das ist Rekord für eine einzelne Körperfunktion und damit können wir über 10.000 Gerüche voneinander unterscheiden. Düfte werden negativ oder positiv abgespeichert. Diese individuelle Belegung der Duftreize führt zu einer teilweise subjektiven Bewertung von Düften. Schärfe als dritter Sinneseindruck ist eine Schmerz- bzw. Nervenempfindung und wird taktil über den Trigeminusnerv ausgelöst. Der Trigeminus verfügt nicht über Sinneszellen, sondern die Reize werden in sensiblen Endbereichen des Nervs wahrgenommen. Diese Endbereiche liegen in den Schleimhäuten der Mund- und Nasenhöhle sowie im Auge. Über den Trigeminus werden irritative Eigenschaften erkannt, also bspw. Schärfe, Prickeln, Brennen und Stechen. Auch haptische Eindrücke, also bspw. die Textur, werden mit dem Trigeminusnerv wahrgenommen und zählen als Teil der Gesamtsumme aller Eindrücke (Geschmack, Aroma, Textur) zum „Flavour“. Die Textur geht jedoch, im Gegensatz zur Schärfe, nicht in die offizielle Olivenöl-Bewertung mit ein.

Nach diesem kurzen Exkurs in die sensorischen Hintergründe kommen wir nun zum eigentlichen Ablauf der Olivenöl-Verkostung. Bei offiziellen Verkostungen nach EU Verordnung 2568 sind mindestens 8 (bis maximal 12) Prüfer vorgesehen sowie ein Prüfungsleiter und dessen Stellvertreter. Die Prüfung wird in dunkelblauen Prüfgläsern durchgeführt und die Farbe des Öls wird nicht zur Bewertung herangezogen.

Randnotiz dazu: Abhängig von der Olivensorte haben die Oliven einen unterschiedlichen Chlorophyllgehalt, der als Pflanzenfarbstoff die Färbung bestimmt. Zudem können chemische Manipulationen die Farbe ändern. Prinzipiell könnte ein gelbliches Öl auf Oxidation hinweisen. Hochwertige Olivenöle können jedoch sowohl grün als auch gelblich sein, dabei eher dünn- als dickflüssig und transparent leuchten.

Die Abmessungen der Gläser sind genau festgelegt (s.u.) sowie die Temperatur der Proben, welche mit 28 Grad (+/-2) zu halten ist. Zuhause erreichst du das am besten, wenn du das Glas mit einer Handfläche erwärmst und mit der anderen Hand die Öffnung des Glas abdeckst, auch damit sich flüchtig Arome darin sammeln. Die Prüfer bekommen im Prüfraum ein Glas Wasser (in Raumtemperatur) sowie Apfelstückchen. Das kannst du auch machen, um zwischen den Proben deine Sinne zu erfrischen und vorherige Geschmäcker zu neutralisieren.

Offizielle Sensorikgläser (inklusive Deckel) kannst du bei der deutschen Gesellschaft für Fettwissenschaft bestellen oder du verwendest einfach ein tulpenförmiges Grappa- oder Schnapsglas. Die Gläser sollten dann jeweils 15 ml Olivenöl enthalten – du kannst also ca. 2 Esslöffel Öl eingießen.

Idealer Zeitpunkt für eine Verkostung ist der Vormittag, da dann Geruch- und Geschmackssinn am empfindlichsten sind. Für einen abendlichen Spaß mit Freunden sollte dies aber kein Hindernis darstellen. Dafür noch interessant zu wissen: Die Empfindlichkeit der jeweiligen Sinne ist vor den Mahlzeiten höher als danach, d.h. vor dem gemeinsamen Dinner wäre der geeignete Zeitpunkt, es sei denn enorme Hungergefühle lenken zu sehr ab. Außerdem ist mindestens 30 Min vor Prüfung das Rauchen einzustellen und nüchterne Prüfer sind natürlich Voraussetzung.

Das Verkostungsglas inklusive Deckel wird dann in die Hand genommen und leicht geschwenkt, damit die Innenseite möglichst komplett benetzt wird. Danach wird das Deckglas (bzw. in deinem Fall die Hand) gelöst und du kannst mit ruhigen und langen Zügen das Bukett durch die Nase inhalieren. Achtung: noch nicht am Öl nippen. Das Riechen sollte nicht länger als 30 Sekunden dauern, ansonsten muss abgesetzt und zu einem neuen Versuch angesetzt werden.

Nach dem Riechen erst wird ein kleiner Schluck (3 ml) Olivenöl genippt und das Flavour (Gesamteindruck: Geruch, Geschmack, Gefühl) geprüft. Dabei werden alle geschmacksempfindlichen Bereiche des Mundes benetzt und das Öl langsam von der Zungenspitze bis zum Gaumen und Kehle verteilt, damit die Bitterkeit nicht von der Schärfe überlagert wird. Kurzes und wiederholtes Einsaugen von Luft zwischen geschlossenen Zähnen bewirkt, dass das Aroma über den Gaumen zur Nase gelangt. Die dabei entstehende Schlürfgeräusche sollen nicht weiter stören.

Bis zum nächsten Öl sollten im Idealfall 15min liegen und der Mund kann dazwischen mit einem ca. 15g kleinen Apfelstück erfrischt werden, wonach ein Schluck Wasser getrunken werden sollte.

In einem Prüfungsbogen bewertet der Prüfer final die 3 positiven Merkmale, und zwar fruchtig, bitter und scharf; die Fruchtigkeit wird zudem näher als grün (1) oder reif (2) deklariert. Die Bewertung basiert auf einer Skala von 0 bis 10, wo der Prüfer seine Wahrnehmung markiert. Negative Merkmale wie bspw. stichig-schlammig, modrig-erdig-feucht, lakig oder ranzig werden als Fehler gewertet. Die positiven Attribute (fruchtig, bitter und scharf) können darüber hinaus als intensiv, mittel und leicht sowie ausgewogen und mild näher charakterisiert.

Unausgewogen bezeichnet ein Öl, wo das Attributs bitter und (oder) das Attributs scharf wesentlich stärker ausgeprägt ist als das Attributs der Fruchtigkeit.
Mild wird für ein Öl verwendet, wo das Attributs bitter und scharf schwach ausgeprägt sind.

Positiv zu bewerten ist ein bitterer Geschmack, der typisch ist für Olivenöle aus grünen, noch nicht überrreifen, Oliven. Ebenso positiv ist ein scharfer Geschmack, hervorgerufen von Ölen aus grünen, noch nicht überrreifen, Oliven, gekennzeichnet durch ein Prickeln und Brennen in der Kehle. Bei der Fruchtigkeit führen Olivenöle aus unreifen, grünen Oliven zu einer frischen, grünen Note; reife schwarze Oliven erinnern an reife Früchte.

Haben alle Prüfer ihre Bewertungen abgegeben, wird der Median (und eben nicht das arithmetische Mittel bzw. der “Durchschnitt”) für das jeweilige Öl gebildet. Zur Erinnerung: Der Median ist derjenige Messwert, der in der Mitte steht, wenn man die Werte einer Liste der Größe nach sortiert. Beispiel: Bei der Liste 2, 3, 3, 5, 8, 10, 11 ist 5 der Median (das arithmetische Mittel/ Durchschnitt wäre 6).

Schließlich ergibt sich folgende Einstufung:

  1. Natives Olivenöl extra:
    Median der Mängel ist 0,0.
    Der Median des Attributs fruchtig ist größer als 0,0.

  2. Natives Olivenöl:
    Median der Mängel ist größer als 0,0 und kleiner/gleich 3,5.
    Der Median des Attributs fruchtig ist größer als 0,0.

Optional werden dann noch die positiven Attribute (Fruchtigkeit, Bitterkeit und Schärfe) näher gekennzeichnet, und zwar:

  • Intensiv: Median des betreffenden Attributs größer als 6,0
  • Mittel: Median des betreffenden Attributs zwischen 3,0 und 6,0
  • Leicht: Median des betreffenden Attributs kleiner als 3,0

Bei der Verkostung werden die Öle ausschließlich pur probiert, um den Geschmack nicht zu verfälschen. Du kannst die Olivenöle aber natürliche gerne in Kombination mit Büffelmozzarella, Weißbrot, Fenchel oder Milcheis für dich testen.

Zudem: Nach EU Richtlinie dürfen nur die 3 Grundattribute (Bitterkeit, Fruchtigkeit und Schärfe) auf dem Etikett attestiert werden (und optional deren Intensität) sowie die Fehlaromen festgestellt, um das Öl entsprechend zu klassifizieren (Bsp: „Natives Olivenöl“ vs. „Natives Olivenöl extra“, wenn der Median der Fehlaromen größer als 0). Gängige und sinnvolle Praxis bei anderen zertifizierten Verkostungen und internationalen Preisverleihungen ist zudem die darauf aufbauende Aufschlüsselung nach weiteren „Nebenaromen“ wie bspw. der Duft nach grünen Gräsern, Artischocke, Mandel oder Apfel. Das Vorhandensein von grünen Aromen (Kräuter, Artischocke, Gras etc.) ist in der optionalen EU Einteilung von Fruchtigkeit in „reif“ vs. „grün“ zwar enthalten, kann so aber noch differenzierter abgebildet werden. Bei Gold & Gusto haben wir eine Lösung gefunden, beides übersichtlich darzustellen, und zwar geben wir dir für jedes Öl die Intensität der Schärfe, Bitterkeit und Fruchtigkeit auf einer Skala von 1-3 an. Darüberhinaus visualisieren wir die „Nebenaromen“ wie „Gräser“ oder „Mandel“ mittels unserer Aromakarten (= Netzdiagrammen).  All diese Informationen findest du für jedes Olivenöl auf dessen jeweiliger Produkt-Detail-Seite, hier bspw. für das Primer dia de Cosecha Picual von Castillo de Canena.

Viel Vergnügen bei der Verkostung!

1.7 Gesundheit & mediterrane Ernährung

Was wir dir vorab verraten können: Hochwertiges Olivenöl ist im Zusammenspiel mit einer gesunden Lebensweise und im Rahmen einer ausgewogenen und abwechslungsreichen Ernährung empfehlenswert. Die positive Wirkung stellt sich bereits bei einer täglichen Aufnahme von 20 g Olivenöl ein. Das sagen nicht nur wir, bestätigt auch die Europäischen Kommission in ihren Health Claims sowie die deutsche Gesellschaft für Ernährung in ihrem aktuellen Leitfaden für vollwertige Ernährung. Da du vermutlich mindestens 3 Mahlzeiten täglich zu dir nimmst, ist die Nahrungsaufnahme eine wichtige Stellschraube für deine Gesundheit und dein Wohlbefinden, die es lohnt, regelmäßig zu überdenken und anzupassen… und bereits Hippokrates sah einen Zusammenhang zwischen seinem hohen Alter und dem regelmäßigen Verzehr von Olivenöl.

Dir soll aber auch klar sein: Genau wie irgendwelche im Trend liegenden Superfoods ist Olivenöl weder ein neues Heil- noch Wundermittel.

Im Folgenden erklären wir dir genauer die gesundheitlichen Aspekte und Inhaltsstoffe von Olivenöl. Dabei ist es wichtig für dich zu verstehen, dass sowohl die Ernährung als auch die menschliche Gesundheit vielschichtige und wechselwirkende Themenkomplexe sind, welche in diesem Rahmen kaum in ausführlich wissenschaftlicher Tiefe abgehandelt werden können. Wir laden dich aber herzlich ein, hier auf neue Zusammenhänge aufmerksam gemacht zu werden und frische Denkanstöße für bestimmte Gesundheits- und Ernährungsanpassungen zu bekommen.

Im Zeitalter von öffentlich zugänglichen Publikationsdatenbanken, Suchmaschinen und digitaler Wissenschaftskommunikation ermuntern wir dich, jegliche Aussagen, auch unabhängig von unseren Quellen, tiefer zu recherchieren, auf ihre Aktualität zu prüfen und dich selbst kritisch damit auseinanderzusetzen.

Nun aber zu den Fakten:
Olivenöl besteht zu ca. 98 % aus an Glycerin gebundenen Fettsäuren (Triglyceride). Die restlichen 2 % bestehen aus über 200 zusätzlichen Begleitstoffen. Sowohl die Fettsäuren als auch die Begleitstoffe sind relevant für unsere Gesundheit. Wir werfen zunächst einen detaillierten Blick auf die Fettsäuren.

Die wichtigsten Fettsäuren im Olivenöl sind:

  1. Ölsäure, 50-85 %, einfach ungesättigt
  2. Linolsäure (Omega-6), 10-20 %, mehrfach ungesättigt
  3. Alpha-Linolsäure (Omega-3), 0.5 %-1.5 %, mehrfach ungesättigt
  4. Palmitinsäure, 7-20 %, gesättigt
  5. Stearinsäure, 1-3 %, gesättigt

Wie du gut erkennen kannst, besteht Olivenöl hauptsächlich aus ungesättigten Fettsäuren, und zwar sowohl aus einfach ungesättigten als auch aus mehrfach ungesättigten. Konkret geht es darum, dass einfach ungesättigte Fettsäuren eine Doppelbindung und mehrfach ungesättigten Fettsäuren mehrere Doppelbindungen zwischen den Kohlenstoffatomen besitzen. Im Gegensatz dazu stehen die gesättigten Fettsäuren, wo es keine Doppelbindungen zwischen den Kohlenstoffatomen gibt. Ungesättigte Fettsäuren sind dadurch reaktionsfreudiger und vielfältiger einsetzbar im Stoffwechsel. Dies ist deshalb relevant, da den Fettsäuren (ungesättigt vs. gesättigt) verschiedener Einfluss auf die Gesundheit nachgewiesen wurde. Ungesättigte Fettsäuren, sowohl einfach ungesättigte als auch mehrfach ungesättigte (bspw. auch enthalten in Fisch, Avocados, Nüssen), gelten als wesentlich zuträglicher für die menschliche Gesundheit als gesättigte Fettsäuren (wie bspw. vorwiegend enthalten in Butter, Sahne, Wurst, Kokosfett oder Palmöl).

So empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung gesättigte Fettsäuren durch ungesättigte Fettsäuren auszutauschen, um damit das Risiko für koronare Herzkrankheiten und die Gesamt- und LDL-Cholesterolkonzentration im Blut zu senken.

Auch auf EU Ebene darf bereits seit 2011 auf die gesundheitsfördernden Wirkungen von Olivenöl hingewiesen werden. Dies ist über die Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit geregelt ist und findet sich in folgendem EU Health Claim wieder: “Der Ersatz von gesättigten Fettsäuren durch ungesättigte Fettsäuren in der Ernährung trägt zur Aufrechterhaltung eines normalen Cholesterinspiegels im Blut bei. Ölsäure ist eine ungesättigte Fettsäure”.

Das Schöne dabei ist: ein geröstetes Brot mit einem Hauch Olivenöl, Kräuter, Tomate oder Knoblauch stellt nicht nur eine gesunde, sondern auch eine durchaus leckere Alternative zu einem Wurst- oder Butterbrot dar.

Kommen wir nun zu den ca. 2 % der Stoffe, welche zusätzlich zu den Fettsäuren im Olivenöl enthalten sind. Darunter fallen vor allem:

  1. Beta-Carotin (Provitamin A)
  2. Alpha-Tocopherol (Vitamin E)
  3. Vitamin K
  4. Pflanzensterine
  5. Triterpene
  6. Polyphenole

Diese Substanzen machen das Olivenöl so einzigartig. Ginge es nur nach den ungesättigten Fettsäuren, wäre Rapsöl auch eine brauchbare pflanzliche Quelle. Das i-Tüpfelchen für sowohl Geschmack als auch deine Gesundheit sind diese sekundären Stoffe im Olivenöl, die vor allem in hochwertigen Olivenölen enthalten sind, welche mit Sorgfalt geerntet und hergestellt werden.

3 Vitamine bzw. Provitamine finden sich in Olivenöl: das antioxidativ wirkende Beta-Carotin (Provitamin A), Vitamin K als wichtiger Blutgerinnungs-Akteur und schützend gegen Knochenabbau (Osteoporose) sowie Alpha-Tocopherol (Vitamin E). Vor allem letzteres (Vitamin E) ist mit 200 mg pro kg verhältnismäßig viel enthalten, sehr hochwertigen Öle kommen sogar auf bis zu 750 mg pro kg.

Alpha-Tocopherol (Vitamin E) wirkt als Antioxidant und bietet einen Schutz vor oxidativen Angriffen des LDL Cholesterins (Auslöser für Ablagerungen an Gefäßwänden), hemmt die Thrombozytenaggregation und schützt vor kardiovaskulären Erkrankungen, also Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems wie Schlaganfälle oder Herzinfarkte. Auf Basis einer Vielzahl internationaler wissenschaftlicher Studien hat deshalb die Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit den offiziellen Health Claim zugelassen: „Vitamin E trägt dazu bei, die Zellen vor oxidativem Stress zu schützen.“ Doppelt praktisch daran ist, dass der hohe Gehalt an Vitamin E auch das Olivenöl selbst vor dessen Oxidation schützt. Oder einfacher ausgedrückt: hochwertige Olivenöle sind länger haltbar. Erste in vivo Studien (Studien am lebenden Objekt und nicht nur im Reagenzglas) zeigen, dass ein niedriger Vitamin-E-Spiegel im Blut mit einem erhöhten Risiko für Lungen-, Hirn- und Prostatakrebs einhergeht und Vitamin E sogar antikanzerogen wirken kann (kann also bei der Entstehung von Krebs entgegenwirken). Laut Deutscher Krebsgesellschaft ist die Schutzwirkung bisher teilweise belegt und es wird daran noch weiter geforscht.

Nun gelangen wir zu den sogenannten Pflanzensterine sowie Triterpene: Sterine sind ein wichtiger Bestandteil der Zellmembran. Pro Kilogramm Olivenöl sind davon ca. 1500-2500 mg enthalten, vor allem Beta-Sitosterin. Beta-Sitosterin hemmt die Cholesterinaufnahme im Darm und reduziert somit die LDL-Cholesterinkonzentration im Blut, wirkt sich aber nicht auf das „gute“ HDL-Cholesterin aus. Wichtig zu verstehen: im Gegensatz zum „schlechten“ LDL-Cholesterin (Low Density Lipoprotein) transportiert das „gute“ HDL-Cholesterin (High Density Lipoprotein) überschüssiges Cholesterin aus dem Blut in die Leber, wo es abgebaut wird, und kann somit die Gefäße schützen. Positive Effekte stellen sich ein, wenn eine Menge von ca. 1-3 Gramm pro Tag aufgenommen wird, was über die übliche Kost nicht erreicht wird und daher auf Nahrungsmittel mit erhöhter Konzentration wie Olivenöl zurückgegriffen werden kann.

Auch Triterpenen werden eine ganze Reihe von positiven Eigenschaften zugeschrieben: antioxidativ, antibakteriell und -viral, entzündungshemmend und antitumoral. Triterpene sind weit verbreitet, jedoch vor allem in folgenden Lebensmitteln in relevanter Menge vorhanden: Äpfel, Oliven und Rosmarin. Die mediterrane Ernährungsweise mit erhöhtem Olivenöl-Einsatz in der Küche und frischen Kräutern führt dazu, dass in den Mittelmeerländern eine Aufnahme von ca. 15 mg Triterpene täglich realistisch ist. Triterpene werden dabei hauptsächlich mit fettreicher Kost im Körper aufgenommen. Sie können dabei nicht nur präventiv, sondern auch heilend für Herz und Leber wirken.

Ein Hauptvertreter der Triterpenen ist Squalen, was mit bis zu 8000 mg pro Kilogramm in nativen Olivenölen vorkommt. Im Gegensatz dazu haben raffinierte Olivenöle eine 25 % geringere Konzentration. Es wird sogar in der Arzneimittelindustrie verwendet sowie als Bestandteil von Kosmetika eingesetzt und übernimmt dort die Funktion, die Hautalterung zu verzögern. Spanische und italienische Fallstudien deuten auf ein vermindertes Risiko, an Brustkrebs und Pankreaskrebs zu erkranken hin, was mit Tierversuchen bereits untermauert wurde. Hier ist die Studienlage jedoch noch nicht eindeutig.

Einen finalen Blick werfen wir nun noch auf die Polyphenole. Sie sind es vor allem, neben Vitamin-E und den ungesättigten Fettsäuren, welche für die gesundheitsfördernde Wirkung von Olivenölen bekannt sind. Dabei subsumiert der Begriff Polyphenole eine Vielzahl von einfachen und komplexen phenolischen Verbindungen. Die Konzentration phenolischer Verbindungen ist dabei vom Reifegrad der Oliven und deren qualitativen Verarbeitung in den Ölmühlen bestimmt. Besonders Olivenöle mit hohem Polyphenolgehalt entfalten die volle gesundheitsfördernde Wirkung.

Warum ist das so? Polyphenole sind natürliche Antioxidantien. Das bedeutet, dass sie die Bildung von freien Radikalen im Körper verlangsamen und verhindern. Freie Radikale führen zu oxidativem Stress und damit Zellschädigungen, was eine Reihe von Krankheiten fördert. Polyphenole besitzen zudem eine unterdrückende Wirkung auf Xanthinoxidase, ein Enzym, welches an der Krebsentstehung beteiligt ist. Sie wirken entzündungshemmend, reduzieren das „schlechte“ LDL-Cholesterin (dessen Oxidation und in Folgereaktion Arterienverkalkungen) und verstärken sogar die Wirkung des guten HDL-Cholesterins. Interessant zu wissen: Polyphenole sind für den scharfen und auch bitteren Geschmack von Olivenöl verantwortlich, genauer: das Polyphenol namens „Oleocanthal“ bringt Schärfe und „Oleuropein“ Bitterkeit. Hochwertige Olivenöle schmecken scharf und bitter.

Bereits seit 2012 erlaubt die Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit deshalb folgende Aussage: „Olivenöl-Polyphenole tragen dazu bei, die Blutfette vor oxidativem Stress zu schützen. Die positive Wirkung stellt sich bei einer täglichen Aufnahme von 20 Gramm ein.“ Hersteller dürfen diesen Satz auf der Flasche führen, sofern ihr Öl einen Polyphenolgehalt von 250 mg/kg aufweist. Wir erinnern uns: Extrem hochwertige Olivenöle enthalten sogar bis zu 1500 mg/kg, raffinierte Öle nur 50 mg/kg.

Selbst andere Einsatzgebiete von Polyphenolen werden erkundet: mittlerweile wird Oliventrester in Tiernahrung bei Rindern und Schafen eingesetzt, um das Wohlbefinden der Tiere zu erhöhen und den Antibiotikum-Verbaucht zu reduzieren. Es werden sogar Lebensmittel wie Joghurt oder Obstsäfte mit phenolischen Verbindungen aus Oliven-Vegetationswasser angereichert und als Functional Food verkauft. Selbst der Einsatz zur Herstellung von Frittieröl wird gefördert und die darin frittierten Lebensmittel sind gesünder, da mit natürlichen Antioxidantien angereichert.

Apropos: Das Braten mit Olivenöl in der Pfanne ist unbedenklich. So stellt das Bundeszentrum für Ernährung klar fest. „Mit Olivenöl kann man auch backen und braten. Sowohl mit raffiniertem aber auch mit nativem Olivenöl ist dies möglich“. Ebenso konstatiert die Deutsche Gesellschaft für Ernährung: „Zum Frittieren eignen sich alle Öle und Fette die einen hohen Gehalt an einfach ungesättigten Fettsäuren haben, wie Olivenöl oder ölsäurereiches Sonnenblumenöl“. In Ländern rund um das Mittelmeer ist dies längst bekannt und dort wird Olivenöl bereits seit Generationen zum Kochen und Braten verwendet. Native Olivenöle haben einen Rauchpunkt von bis zu 180 Grad Celcius, im Vergleich dazu liegt der Rauchpunkt von Butter bei 175 Grad.

Mit hochpolyphenolen Ölen ergeben sich dabei sogar positive Effekte. Beispielsweise oxidiert mit Olivenöl einmassiertes Fleisch nicht so stark und Gemüsesoßen erhalten ihre bioaktiven Substanzen, die vor oxidativem Abbau geschützt werden. Zu bedenken ist lediglich, dass manch wertgebender Aromastoffe des Olivenöls durch zu starke Hitze reduziert wird. So verringert sich die Polyphenol-Konzentration um ungefähr 40 %, allerdings bleiben genug Antioxidantien enthalten, um die Zugabe weiter als gesund bezeichnen zu können. Wenn du den 100-prozentigen Effekt erreichen willst, kannst du dies ausgeglichen, wenn du vor dem Servieren einen zusätzlichen Schuss Öl über das Essen verteilst. Damit wird der Teller mit einer herrlich grünen Frische abgerundet und kann zur Freude und Gesundheit deines Gastes serviert werden.

Was hat dies jetzt alles mit deinem Speiseplan zu tun? Wir haben in den letzten Abschnitten recht isoliert, teilweise für einzelne Inhaltsstoffe, überprüft, welche gesundheitsfördernde Wirkungen jeweils davon ausgelöst werden. Öle, Fette oder generell einzelne Nahrungsmittel sind immer nur ein Puzzlestück einer vollwertigen und sinnvollen Ernährung (sowie Bewegungsroutine), die mit anderen Lebensmitteln ausbalanciert und kombiniert werden müssen. Wie sieht es nun mit kompletten Ernährungsweisen und tatsächlichen Langzeitstudien aus?

Eine der einflussreichsten und am gründlichsten untersuchte Ernährungsweise ist die mediterrane Ernährung. Sie wird von der aktuellen Forschung als die ideale Ernährungsform angesehen. Mittelmeerkost zeichnet sich durch frisches Gemüse und Obst, Hülsenfrüchte, Fisch, weniger Fleisch, Nüsse, fettarme Milchprodukte, Wein (mäßige Mengen), Kräuter und Olivenöl aus. So ist es kein Wunder, dass beispielsweise die Deutsche Herzstiftung ein Kochbuch für mediterrane Rezepte publiziert, der Berufsverband Deutscher Internisten der Mittelmeer-Diät eine “optimale Nährstoffbilanz” bescheinigt und Sardinen als die Insel der Hundertjährigen gilt. Fakt ist, dass in Mittelmeerländern weniger Menschen an Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden und der großzügige Einsatz von Olivenöl in der mediterranen Küche dafür mitverantwortlich ist. Repräsentativ dafür sei zu guter Letzt noch Jeanne Calment zitiert. Mit 122 Jahren hält sie den Rekord des höchsten erreichten Lebensalters. Sie stammte aus einer kleinen Gemeinde in Frankreich, fuhr bis zu ihrem 100. Lebensjahr Fahrrad und auf die Frage, weshalb sie so alte wurde immer antwortete: Mediterrane Ernährung, Portwein und Olivenöl.

Auch du kannst mit deiner Lebensweise dazu beitragen, dir und deiner Gesundheit einen Gefallen zu tun, indem du dich bewusst ernährst und nachhaltig konsumierst. Gesunde, regionale und saisonale Lebensmittel können mitunter teurer sein, aber es kommt auch darauf an, die richtigen Prioritäten für sich zu setzen. Für einen Liter Motoröl gibt man in Deutschland im Durchschnitt ungefähr 30 € aus. Ein Liter gepanschtes Olivenöl wird im Supermarkt massenweise für 3 € gekauft, weil man sparen will. Die Frage ist nur: „an was?“

2 Olivenöl Quiz

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3 Quellen & Literatur

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Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft | https://www.bmel.de | Abgerufen im Januar 2021

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